Nur durch eine Häuserreihe vom Marktplatz getrennt, erhebt sich die Stadtkirche „Sankt Marien“ mit ihrer in Thüringen seltenen Westturmanlage. Die beiden Türme sind der unterkehrenden Sonne zugekehrt. In der mittelalterlichen Vorstellung galt diese Seite als das Reich der Finsternis mit lichtscheuen Wesen und war deshalb besonders schutzbedürftig. Die Doppelturmanlage mit Brücke zwischen den 42 m hohen Türmen war eine bemerkenswerte Besonderheit, die zum Wahrzeichen von Stadtilm im Stadtwappen erhalten blieb. Die Turmuhr hat einen Durchmesser von 2,0 m. Das Geläut besteht aus drei Bronzeglocken. Die Kirche ist 46,8 m lang.
Foto- und Bildrecht Stadtverwaltung Stadtilm
Mit dem Bau wurde in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts begonnen. Die erste Weihe erfolgte 1235 durch Bischof Wilhelm von Havelberg zu Ehren „Unserer lieben Frau Maria“. Aus dieser Zeit stammen die im mitteldeutschen Raum einmaligen Fresken an den Turmgewölben im Erdgeschoss. Die Kirche diente bis 1533 als katholisches Gotteshaus. Nach der Reformation wurde die Kirche evangelisch-lutherisch. Am 1. August 1780 wurde die Kirche durch den großen Stadtbrand stark in Mitleidenschaft gezogen. Nur die Außenmauern und die ausgebrannten Türme blieben erhalten.
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In neunjähriger Bauzeit erfolgte die Instandsetzung des Innenraumes im Spätbarock. Aus jener Zeit sind der Altaraufbau mit korinthischer Säulen- und Pilsterordnung sowie der Orgelprospekt. 1899 bis 1903 erfolgte die Generalrestaurierung. Dabei erhielt der Südturm einen Treppenaufgang und die Brücke zwischen den Türmen, in einer Höhe von 396m, wurde entfernt. Die Orgel wurde von dem Stadtilmer Orgelbaumeister Eifert unter Verwendung des barocken Prospektes und Teilen der Schulze-Orgel von 1789 erbaut. Eine Restaurierung dieses denkmalwerten Instruments ist nötig und wird von der Kirchgemeinde angestrebt. Ein Teil der im 1. und 2. Weltkrieg eingezogenen und zu Munition verarbeiteten Orgelpfeifen fehlt noch heute.
Im Turmgewölbe der Stadtilmer Stadtkirche St. Marien befinden sich wertvolle Reste von spätromanischer Wandmalerei, die als Denkmal von nationaler Bedeutung eingestuft sind. Die Malereien unter der eindrucksvollen Doppelturmanlage sind mehr als 700 Jahre alt. Zum Teil übertüncht, lange Zeit weitgehend unbeachtet geblieben. Der Putz bröckelt, das Mauerwerk hat Risse. Und doch sehen die Fachleute die besondere Bedeutung dieser mittelalterlichen Ausmalung, die Anfang Juli 2009 in eine Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes aufgenommen wurde, denn es gibt in Thüringen nichts Vergleichbares.
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Vermutlich um 1235, als die Kirche geweiht wurden, sind auch die Malereien im Turmgewölbe entstanden. Sie zeigen neben biblischen Szenen eine sehr frühe Darstellung des Franz von Assisi – barfüßig und bekleidet mit einer braunen Kutte. Eine weitere Besonderheit sind Merkmale des Zackenstils, erkennbar an den zackigen Faltenwürfen der Gewänder in einigen Bildabschnitten. Dieser Stil hilft den Fachleuten auch bei der Datierung der Fresco-Secco-Ausmalungen, wobei fast nur die Vorzeichnungen erhalten blieben. Kerbungen im Putz weisen zudem darauf hin, dass womöglich mehrere Heiligenscheine aus Metall eingearbeitet waren. Vielleicht aus Gold? Leider ist nichts mehr davon da.